Kötzting 1085-1867

Häuser und Straßen

Die Entwicklung Kötztings ist im Laufe der Jahrhunderte nicht gleichmäßig fortgeschritten sondern es lassen sich Zeiten mit einschneidenden Änderungen und Zeiträume unterscheiden, in denen sich das Gesicht des Ortes lange Zeit nicht veränderte. Im Lageplan Plan(5) sind die einzelnen Hausnummern aufgeführt um die einzelnen Häuser leichter identifizieren zu kön-nen.
Wenn man von der Anfangsphase absieht, die für uns fast vollkommen im Dunkeln liegt, so lässt sich die Entwicklung in drei große Blöcke einteilen.
·    Von der Teilung der Urhöfe, noch vor 1179, bis zur obrigkeitlichen Aufforderung, eine Marktbefestigung zu errichten.
·    Kötzting der Neuzeit von ca. 1470 bis 1803 (teilweise bis 1867)
·    Das moderne Kötzting

Die Struktur Kötztings nach der Aufteilung der Urhöfe:

Da die schriftlichen Quellen über Kötzting in den verschiedenen Archiven in der Mehrzahl mit der Neuzeit einsetzen, kann man leicht den Eindruck erhalten, die Struktur und Verteilung der Anwesen wäre über all die Zeit die gleiche gewesen. Es gibt aber einige Hinweise, die in manchen Fällen auf eine andere Häuserverteilung vermuten lassen. Vorab muss aber zum besseren Verständnis die Struktur der Kötztinger Einwohner beschrieben werden. Abgeleitet vom Besitz an Grund und Boden und damit abgestuft in den Rechten und Pflichten finden sich in Kötzting
·    Marktlehner
·    Söldner
·    Häusler
·    Inwohner
Schon im niederbayrischen   Herzogsurbar  (kurz nach 1301) ist Kötzting als Markt bezeich-net und aufgeführt mit 36 Lehen und 10 Sölden. In den Vorläuferbänden der Urbarien (1231 und 1237) ist noch von keinem Marktrecht die Rede, so dass, laut Piendl , von der Markt-rechtsverleihung um 1255, nach der ersten Landesteilung, ausgegangen werden kann. Wenn Kötzting 1255 bereits groß genug und würdig war, ein Markt zu werden, dann kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Aufteilung der Urhöfe in die verschiedenen Anwesen schon lange zurück lag und Kötzting bereits eine zentrale Funktion für die Umgebung einge-nommen hat. Dies gilt umso mehr, als ja bereits 1179 den Kötztingern eine Kirche  beglaubigt wird. Die historische Entwicklung und Ausbreitung des Ortes lässt sich nun anhand  vieler schriftlicher Quellen belegen. Diese Quellen lassen auch Rückschlüsse und Vermutungen auf die Lage der vier Urhöfe zu.
Im Marktrechtsprivileg Kaiser Ludwig des Bayern vom 11. November 1344 heißt es unter anderem: Von erst wan der Markt getheilt ist von dreu Höfen zu 36 Burglehen und in 12 Söl-den, wollen wür, wer der Lehen eines mer oder minder inn hat, der soll arbeiten all die Ar-beit, die den Markt angehört mit Fludern, Fleischwerken, mit Pachen, mit Schenken, mit Ga-stung und mit anderer Arbeit und Handwerken.
Aus dieser Anfangszeit stammt also die Aufteilung in 36 Marktlehen, 10 (an anderer Stelle 12) Sölden und 20 Teile. Dass diese sogenannten  "Teile" in Wirklichkeit die späteren Leer-häuser darstellen, kann später belegt werden.
Was war nun das Besondere an diesen unterschiedlichen Anwesen ?
Die Marktlehner waren gewissermaßen die Oberschicht in Kötzting. Ausgestattet mit allen Rechten, die das Marktprivileg erlaubte, einschließlich des uneingeschränkten Brau- und Schankrechtes. Das heißt in Kötzting hatten Besitzer von 36 Marktlehen und nur  diese die Erlaubnis im Kommunbräuhaus brauen zu lassen, ein Wirtshaus zu betreiben und sie nutzen dies auch weidlich. Die Söldner hatten dieses Braurecht nur eingeschränkt, das heißt, sie durf-ten nur festgelegte Mengen brauen (1 Sud pro Jahr) und dieses Bier auch nicht ausschenken. Die (Leer)Häusler hatten weder Brau- noch Schankrecht, und nur wenn einer dieser Bewoh-ner eine Handwerksgerechtigkeit besaß, so durfte er seinen Beruf in diesem Haus ausüben. Noch schlechter gestellt waren die Inwohner, die am besten als Mieter zu verstehen sind. Zu diesen Inwohnern waren auch die  Alteigentümer nach der Übergabe zu rechnen.
Am unteren Ende dieser abgestuften Rechtsskala standen die Knechte, Mägde und Kinder.
Außerhalb dieser Ordnung, aber mit ihren Rechten am ehesten mit den Inwohnern zu verglei-chen, waren dann noch die Bewohner, die man heute als Beamte und Angestellte bezeichnen würde, also zum Beispiel die Angestellten des Pfleggerichts, der Messner, die Klosterherren (ab 1636), um nur einige zu nennen.
Die Marktlehner und Söldner konnten auch Grundstücksverkäufe an Inwohner und Häusler verhindern oder einen bereits erfolgten Verkauf nachträglich zu ihren Gunsten rückgängig machen, sie hatten ein Einstandsrecht und übten dieses auch regelmäßig aus.. Sogar die Vieh-haltung war bei den Häuslern stark eingeschränkt, teilweise ausdrücklich verboten. Dies hatte seinen Grund vor allem in den sehr stark begrenzten Weideflächen, die den Kötztingern zu Verfügung standen. Das Alleinehüten der eigenen Tiere war unter strenger Strafe gestellt und wurde auch regelmäßig bestraft.
Nachdem die persönliche wirtschaftliche Stellung auch den Sitz im Magistrat und in den Aus-schüssen beeinflusste, waren  die Marktlehner dort  sehr stark überrepräsentiert.
Wo lagen nun die Marktlehen, Sölden und Häuser? Wie aus Plan (1) und zu ersehen ist sind die Marktlehen insbesondere im oberen Markt versammelt. Davon abweichend war auch noch der sogenannte Gschwandhof (heute TCM-Klinik Hnr 91) ein Marktlehen. Zwei weitere Marktlehen (Hnr 71 und 72) lagen vor der Oberberger Brücke auf dem Spitalplatz. Die Ham-mermühle (Hnr 89) und das Eckhaus an der Herrenstraße, das heute das Kaufhaus Gartner beherbergt  (Hnr 96), waren auch noch Sölden. Es gibt einen Hinweis, dass das Mesnerhaus einmal ein Marktlehen gewesen ist (Hnr 97). Auch die Metzgerei Ritzenberger, beim "Weiß auf der Höhe" (Hnr 48), wird als Marktlehen ausgewiesen. Es bleibt aber das grundsätzliche Bild, dass der obere Markt vor allem aus Marktlehen gebildet wurde, und der Bereich unter-halb des alten Rathauses hauptsächlich aus Leerhäusern bestand.(Plan (2))
Die Salbücher des Klosters Rott beginnen Anfang des 15. Jahrhunderts und führen in einer festen Reihenfolge, die von Band zu Band beibehalten wurde, die Besitzer der Marktlehen und Sölden auf. In manchen Bänden an diese Marktlehen anschließend, in anderen eingefügt in die Liste, folgen die sogenannten Teile, später (Leer)Häuser genannt.
Im Marktsprivileg Kaiser Ludwigs des Bayern vom 11.11.1344  heißt es weiter dazu:
So ist ein Hof getheilt in 20 Theil in dem Markt, und derselben Theill einen oder mer soll kein Man nit haben, er habe dan ein Burglehen.
Max Piendl vermutet, dass diese Teile aus einem Hof in Grub entstanden sein könnten . In späteren Jahren wurde tatsächlich der sogenannte Gruberhof vom Magistrat aufgekauft, das Hofgebäude vermietet und die Grundstücke anteilig auf die Grundbesitzer des Marktes ver-teilt, ohne dass diese Grundstücke fest an Häuser gebunden wurden. Diese Gruberhofanteile wurden bei jedem Hausverkauf in Kötzting in den Beurkundungen einzeln aufgeführt. Wie sich an anderer Stelle erweisen wird, sind es die, bis zum  15. Jahrhundert "Teile" genannten Anwesen, die in späteren Listen als "Häuser" aufgeführt werden und sie liegen inmitten Kötz-tings. Aus diesem Grund, und weil der Schriftwechsel, der zur Aufteilung des Gruberhofes geführt hat, teilweise noch vorliegt, kann diese Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass der vierte Urhof in Grub gelegen ist.
Wie könnte man sich also das Bild des alten Kötztings nach der Aufteilung der Urhöfe vor-stellen. Im wesentlichen wird es die Bebauung zwischen dem oberen Markt und der Kirchen-burg gewesen sein, also nur die 36 Marktlehen, 12 Sölden und 20 Häuser, auch wenn die Stückzahlen vielleicht geschwankt haben.. In einem Brief , gekennzeichnet als aus dem Jahre 1460,  in Wirklichkeit aber wohl erst nach 1470 geschrieben, bringen die Kötztinger Bürger ihre Sorgen an, die durch den Bau des von Herzog Albrecht geforderten Bollwerks entstanden waren. Sie schreiben unter anderem an das Kloster Rott:
Auch bringen wir Euer Gnaden an und dem wirdigen Convent, dass um den Kirchhof abge-brochen sind bey zwelf Heuser, da wir Abganck haben, Wacht Steuer und Manschaft von des Gepeus wegen.
Das heißt, dass von den 20 Häusern, die aus dem vierten Urhof enstanden waren,  allein zwölf um den Kirchhof herum errichtet waren. Nach deren Abriss dürften wohl die ersten gestreuten Ansiedlungen der Leerhäuser in den Bereichen vorm oberen Tor, am Pfeffergraben und im Bereich des Spitalplatzes entstanden sein. In Plan (3) sind 12 Häuser im Bereich des äußeren Ringes der heutigen Kirchenburg plaziert, um zu verdeutlichen, dass der Platz für 12 Häuser auch wirklich ausreichend war, ohne dass  die genauen Orte belegt werden.

Kötzting in der Neuzeit

Nach diesem Einschnitt aus der Zeit um 1470, als diese Häuserzeile abgerissen worden   war die Grundstruktur Kötztings angelegt und blieb auch so all die Jahrhunderte hindurch bis zum großen Marktbrand 1867. Der Bau dieses Bollwerks , so beklagten sich die Kötztinger in demselben Schreiben, nahm einen Platz von 8 1/2 Lehen ein, welcher Flächenverlust für den Markt auch einen Einnahmeverlust mitsichbrachte.
Was sich änderte, und auch dies nur langsam, waren die äußeren Randbereiche. Sicherlich sind die Bewohner der abgerissenen Häuser an anderen, am Rande des Ortes gelegenen, Stel-len entschädigt worden. Dies lag schon im ureigensten Interesse des Marktes, da ja mit jedem Bürger, auch Leerhäusler waren Bürger, Einnahmen verbunden waren. Der Bereich vor dem oberen Tor und vor der Oberbergerbrücke auf dem Spitalplatz scheinen die ersten "Neubau-gebiete" Kötztings gewesen zu sein, da wir von  einigen Häusern aus diesen Bereichen sogar   die ungefähre Bauzeit kennen. In den Briefprotokollen 1655 und 1656 sind diese beiden Orts-teile (Spitalplatz und Torplatz, nach heutigem Sprachgebrauch) bereits mit Häusern bebaut später sind dann die "Neubauten"  auf den sogenannten Pfeffergraben konzentriert. Als Bei-spiel kann hier die Ausweisung eines Bauplatzes neben der Wuhn für einen Neubau  des Mi-chael Juglreither dienen, der  1672 für ein Grundstück zunegst der Wuhn für ein Heusl 66fl  zahlte(Hnr 121). Dieser historische Bereich "Pfeffergraben" ist mit der heutigen Strasse na-mens Pfeffergraben aber nicht deckungsgleich. Der untere Bereich der heutigen Holzapfel-strasse wurde damals Pfeffergraben genannt. Der  Pfeffergraben der Gegenwart war damals noch  ohne Wohnbebauung.
Auch die Bebauung im unteren Markt war  gänzlich anders strukturiert, als man es heute kennt. Plan (4) verdeutlicht dies. Beim Drunkenpolzhaus und dem Spital (Hnr 123 und 124) endete die Marktgasse und drehte in die Herrengasse, hin zur Pfarrkirche. Im unteren Markt konnten die Fuhrleute also anders als heute nicht gerade aus dem Markt hinausfahren; die Fuhrwerke mussten an der Kirchenburg vorbei fahren. Dort, wo jetzt die Marktstraße in gera-der Linie bis zur Bahnhofstraße reicht, stand damals, aus der jetzigen Sicht mitten in der Stra-ße, auf der Höhe des Anwesens Schötz, die Wuhn (Hnr 119) Die Wuhn war eine alte Braue-rei, möglicherweise sogar die älteste Brauerei Kötztings. Die Wuhn, früher sogar ein Marktle-hen  kam zu Anfang des 17. Jahrhunderts in den Besitz des Marktes Kötzting , welcher das Haus in zwei Hälften teilte und jede einzeln verstiftete  Die Bewohner der Wuhn hatten zu dieser Zeit den Status als Inwohner und damit nur eingeschränkte Rechte in der Gemein-schaft. Der Markt blieb bis zur Verwaltungsreform zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Besitz der Wuhn. Wie viele andere Gebäude und Grundstücke im Besitz des Marktes  so musste auch die Wuhn versteigert werden. Andere Häuser, die damals versteigert wurden, heute wür-de man von Privatisierung sprechen, waren z.B. die Fleischbank (Hnr 24) das zentrale Schlacht und Verkaufshaus der Kötztinger Metzger und  die Herrensäge (Hnr88)  heute der Lindnerbräu
Somit stehen im unteren Markt, herein bis in die Zeit vor dem großen Marktbrand, nur die drei Häuser vom Greiner bis Schuhhaus Liebl (Hnr 102-105) Am 14. Februar 1804 wurde das  Eckhauses geteilt, seit daher also 4 Häuser an dieser Stelle.  Die Wuhn (Hnr.119) und zu-rückgesetzt zum Pfeffergraben hin das Spital(Hnr. 123) schlossen den Markt ab. Im heutigen Pfeffergraben selber stehen zu dieser Zeit  nur noch zwei sehr kleine Häuser auf der hangab-wärts zeigenden Seite. Den Abschluss der Gasse bildete der Schlosser Haas und, freistehend, im Schlossgarten hatte der Schlossgärtner sein Haus (Hnr116). Dieser Ablauf der Entwick-lung, nämlich einerseits ein unveränderter Ortskern und andererseits eine sehr allmähliche Ausweitung der Häuserbebauung am Rande prägte das Bild Kötztings über Jahrhunderte.
Es ist zu vermuten, dass solch ein Wachstum in vielen anderen Orten Bayerns in dieser Zeit nach demselben Muster abgelaufen war. Nach einer Brandkatastrophe oder kriegerischen Einwirkungen wurden die Anwesen an denselben Stellen wieder aufgebaut und erhöhten sich nicht in der Zahl. In einigen wenigen Fällen wurden Anwesen zertrümmert und so entstanden wohl die einzelnen Leerhäuser, die zwischen einigen Marktlehen eingestreut sind.
Hinter der Marktbefestigung, dem Graben und dem anschließendem Bollwerk, folgten Nutz-flächen, Schupfen und Gärten. Zwischen diesen und noch vor den Wirtschaftgebäuden verlief dann eine kleine Gasse. Auf Plan (6) ist diese Bollburggasse skizzenartig eingezeichnet .
Diese Gasse begann hinter der Drunkenpolzschmiede (Tabak Liebl Hnr 124 ) und verlief bis zum Torplatz herauf. (jetzt Schmiede Kuglmeier).

Kötzting im 19. Jahrhundert

Einsetzend nach 1803 und vor allem beschleunigt durch den großen Marktbrand 1867, begann Kötzting sein Gesicht zu verändern. Die Bebauung griff auf die jetzige Bahnhofstraße über, die beiden Brandschneisen in der Metz und Schirnstraße wurden geschlagen bzw. die Wie-dererrichtung der abgebrannten Marktlehen verhindert. Im Anschluss daran entstand die Geh-ringstraße, zuerst nur die untere Hälfte bis zur einbiegenden Metzstrasse, zu Ende des 19. Jahrhunderts und zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstand dann die Verbindung zum Torplatz. In der Holzapfelstraße wurden nun die verschiedenen Sommerkeller gebaut, dann folgten Schankgelegenheiten und Kegelbahnen und den Abschluss bildete  dann auch dort eine Wohnbebauung. In einer ähnlichen Reihenfolge erfolgte auch die Ansiedlung in der Pfingst-reiterstraße, der Jahnstraße und der Bahnhofstraße. In diese Zeit hinein fällt auch die Aufsto-ckung der Häuser, von denen die meisten nur eingädig gemauert waren. Dies bedeutet, dass die meisten Häuser über ein gemauertes Erdgeschoss verfügten. Der hölzerne Aufbau, manchmal mit einem Kniestock, ist gut an den Ausbauplänen im oberen Markt beim Haus (Hnr15) der Familie  Fleischmann  zu sehen, weil hier der Zustand vor und nach der Erhöhung angegeben ist.

Ansicht vor und nach dem Ausbau des ersten Stockwerkes
Hnr 15 vom 16.Februar 1892 , Besitzer  Jakob Rabl

Die meisten Häuser im Markt dürften wohl vor dem Stadtbrand diesem Typ entsprochen ha-ben, wie er hier als Altansicht angegeben wurde. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Bahnhofstraße dann beidseitig bebaut. Auch die obere Marktstraße in ihrem weiteren Verlauf zum Torplatz hinaus wurde an einen anderen Ort verlegt. Die Schmiede beim oberen Tor, heute Schmiede Kuglmeier, lag vorher an anderer Stelle, das Chamauer Tor, das obere Tor des Kötztinger Marktes wurde abgerissen und die Straße um eine Hausbreite verlegt.. Die Reste des Chamauer Tores wurden beim Neubau des Fachmarktcenters Wanninger gefun-den.
Da auch die Anwesen im unteren Markt und im Pfeffergraben 1867 dem Feuerwalze zum Opfer gefallen waren, wurde auch hier bei der Neubebauung auf die Entstehung von Feuer-schneisen geachtet. Im Plan 4 des unteren Marktes wurden zur besseren Verdeutlichung der Wohnbebauung alle Nutzgebäude wie Scheunen, Stadel und Schupfen weggelassen. Die Ver-teilung der "brennbaren" Gebäude war dort und auch im Pfeffergraben also nicht so locker, wie es auf dem Plan den Anschein hat. Durch die hölzernen Wirtschaftsgebäude war dieser ganze Bereich eng gepackt und so konnte sich die Feuerwalze bis dorthin ausbreiten. Durch den Neuaufbau entstanden die untere Marktstraße und der Pfeffergraben in der heutigen Form. Es dauerte allerdings bis weit in das 20. Jahrhundert herein bis all die Häuser erbaut waren, die wir heute dort vorfinden.
Die im Staatsarchiv Landshut vorhandenen Baugenehmigungen und Baupläne zeichnen ein schönes Bild der schrittweisen Erschließung all der neuen Straßen. Mit all diesen Abänderung nach dem Marktbrand entstanden die Hauptstraßen im Kern Kötztings, so wie wir sie heute kennen. Auf der Homepage des Arbeitskreises Heimatforschung Kötzting können einige der Baupläne und Skizzen betrachtet werden.
Die Internetadresse ist http://home.t-online.de/home/Clemens.Pongratz/. Auch nähere Details über die Besitzer einzelner Häuser können dort abgefragt werden

Die Urhöfe Kötztings

In den alten Salbüchern des Klosters Rott sind die Besitzer der Anwesen einzeln aufgeführt. Dazu ist es wichtig zu wissen, dass in der Regel die Reihenfolge der einzelnen Häuser beibe-halten wurde, wenn von einem Band auf den nächsten der Übertrag erfolgte, was die Kontrol-le der Zahlungen in der Vergangenheit erleichterte. Diese, man könnte sagen, Bürgerlisten enden Ende des 17. Jahrhunderts. Die Briefprotokolle beginnen mit einer fast vollständigen Reihe aber erst im Jahre 1700, von einem Vorläuferband 1655 abgesehen. Durch die Bearbei-tung der Kötztinger Marktrechnungsbände und einzelner Akten war es möglich die Hausbe-sitzer bis annähernd 1650-1680 zurückzuverfolgen, aber die Verbindung zu den alten Bürger-listen gelang nicht. Wie ein Missing Link in dieser Frage, passt ein Fragment eines Salbuches von 1655 zwischen die alten Salbuchlisten mit den Marktlehen, Sölden und Teilen und Haus-besitzerreihen, die durch die Briefprotokolle ermittelt werden konnten. Dieses Salbuchbruch-stück löst viele Fragen, die Altkötzting betreffen, auf einmal . Die Bürgerlisten vor dem 30jährigen Krieg weisen bei den einzelnen Marktlehen noch gewisse Unterschiede auf, so wurden damals auch 1/2, 3/4, 1/1 und 1 1/2 Marktlehen aufgeführt.
Dieses halbfertige Salbuch führt alle Hofbesitzer auf, mit der genauen Angabe der exakten Hofgrösse und der Angabe der linken und rechten Nachbarn. In einigen Fällen beschreibt   Adam Türrigl, er war der Ersteller dieses Salbuches und Besitzer der Anwesen bzw. Brand-stätten 15 +16, 8 und 141, die Lage der Höfe auch mit Straßenbezeichnungen und Plätzen. Mit diesem Salbuchfragment war es nun nicht nur möglich den Zeitraum, in dem die Hausbe-sitzer bekannt waren, an den Dreißigjährigen Krieg heranzuführen, sondern sogar  noch dar-über hinaus und bei markanten Einzelhöfen sogar den Anschluss an die alten  Salbücher des Klosters Rott zu finden.(1445 und 1462)
Die unterschiedlichen Hofgrößen der Marktlehen dienten dafür als Markierungspunkte in den Listen und konnten immer wieder zum Nachweis und zur Kontrolle dienen, wenn Lücken in den Salbuchreihen vorhanden waren.
Auch wenn die Liste der Besitzer nicht lückenlos zeitlich geschlossen werden kann - die Lük-ken zwischen den einzelnen Salbüchern sind zu groß - und es auch nur die Marktlehner und Söldner beinhaltet, so können doch nun viele Personen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die in der verschiedensten Akten und Produkten dem Namen nach bekannt waren, jetzt mit be-stimmten Wohnhäusern in Verbindung gebracht werden. Leider führt das Fragment die (Leer)Häuser nicht auf sondern endet mit einer Überschrift, die aber auch für sich allein ge-nommen die Lösung der "Teile"frage darstellt. Es folgen hernach die 20 Thaill, welche ver-mög der Marktsfreyheiten aus dem viertten Hof gemacht worden. Leider endet hier das Sal-buch.
Einleitend zu diesem Kapitel wurde erläutert, dass all diese Salbücher die Reihenfolge der Anwesen von Band zu Band beibehielten. Jetzt nach der Entschlüsselung der Lage der Markt-lehen wird deutlich, dass die Häuser in der Liste standen so wie sie  aufeinander in Wirklich-keit folgten. Die Salbücher beginnen immer mit dem Marktlehen, das heute das Hotel Amber-ger Hof ist und verlaufen fast gleich mit der Nummerierung, die bei der Erstellung des Urka-tasters im 19. Jahrhundert gewählt worden war. Eine Hilfe beim Suchen nach Hausnummern soll der zentrale Plan (5), adaptiert nach der Uraufnahme von 1841, darstellen.  Der Gschwandhof wird ausdrücklich als der dritte Urhof und die Leerhäuser als Reste des vierten Hofes herausgestellt. Es scheint in diesem Salbuch also immer zuerst ein Urhöfe aufgeschrie-ben worden zu sein und folgend dann in der Liste die Teile oder Lehen, die aus diesem ent-standen sind. Aus dem fehlenden Hinweis auf den ersten und zweiten Gründungshof kann man wohl schließen, dass bereits 1655 das genaue Wissen über alle alten vier Urhöfe verloren gegangen war.
Dem Gschwandhof  folgen alle Anwesen vom Kaufhaus Gartner über die Wuhn und Spital und dann die ganze linke aufwärtsführende Marktstraßenseite hinauf bis über das Markttor hinaus. Wenn man dieses Prinzip - zuerst kommt der Hof, der geteilt wurde, und dann die daraus entstandenen Anwesen - auf den Beginn der Liste anwendet, so wäre das Haus Num-mer 3, das Hotel Amberger Hof als der erste Urhof Kötztings anzusehen, auch, weil es eines der wenigen Anwesen ist, welches mit der Größe von 1 1/2 Lehen angegeben ist. Somit könn-te der erste Urhof den Oberen Markt vom Tor bis zum Januel(Hnr10 und eine Sölde), mit Ein-schluss des Viertels am Marktplatz umfasst haben.
Über den zweiten Urhof kann man nur mutmaßen bzw. versuchen den Ort einzugrenzen, an dem er gelegen haben könnte. Zwei andere Anwesen führten in früheren Zeiten den Zusatz   "-hof": der Voglhof und der Ecklshof. (Hanr 9 und 12). Beide lagen im oberen Markt. Der Hausname Voglhof ist nachweislich erst im 17. Jahrhundert entstanden, als drei Generationen der Hausbesitzer den Namen Vogl  hatten. Vorher hieß er Schmuderhof  und war damit sogar namensgebend für das Sch(m)udertor, das noch 1655 im ersten Briefprotokollband  gleich auf der ersten Seite erwähnt wird. Das Anhängsel "-hof" könnte  einfach eine Hervor-hebung sein  weil der Voglhof einen, für Kötzting, enormen Grundbesitz hatte. Auch liegt er zu  nahe, im hinteren Bereich, fast angrenzend, an die Gründe des Amberger Hofes . Der Ecklshof hingegen ist nur eine Sölde.
Beim Blick auf die Karte ergibt sich aber noch eine andere Möglichkeit. Seitlich umgeben von Häusern, ebenfalls  am Rande Kötztings liegend und weit genug entfernt von den Urhö-fen eins und drei, ist ein Marktlehen am sogenannten Pichel eingebettet, das Anwesen der Metzgerei Ritzenberger, (Hnr 48). In der Listenreihenfolge im Salbuch folgt dieses Haus nach all den Marktlehen der Marktstraße und noch vor denen des Spitalplatzes. Im Plan 7 ist solch eine räumliche Aufteilung eingezeichnet. Es sei hier ausdrücklich nocheinmal erwähnt, dass die Verteilung der Grundstücke reine Spekulation darstellt
Die Häuser zwischen Rathaus und Kirchenburg, hinab bis zum Regenfluss, stellen dann den Grund des Vierten Hofes dar - die Fläche ist im Plan (7) grau abgesetzt. Mitten in diesem Areal liegt das heutige Haus des Gastes (Hnr 98) ein großes Anwesen, ja sein Besitzer zählte zu allen Zeiten zu den vermögensten Bürgern Kötztings. Trotz all diesen Grundbesitzes und Ansehens seiner Besitzer  ist es kein Marktlehen und ist es auch nie gewesen. Aus diesem Hof, der selbst im Markt keine besondere rechtliche Stellung hatte, können bei einer Teilung dann auch nur "rechtlose" Leerhäuser enstanden sein.

Das wären also dann die vier Urhöfe Kötztings:
·    Hotel Amberger Hof (Hnr 3)
·    Metzgerei Ritzenberger (Hnr 48)
·    Gschwandhof (TCM-Klinik) (Hnr 91)
·    Hotel zur Post (Haus des Gastes) (Hnr 98)

Da aus der Anfangszeit Kötztings keine Akten vorliegen, dürften all die Punkte, die jetzt als Theorie erscheinen, auch in der Zukunft nicht mehr lösbar sein. Im günstigsten Fall können noch mehr Einwohner Altkötztings als bisher als Bewohner einzelner Häuser ermittelt werden so dass die Häuserchronik erweitert werden kann.